Internationale Begegnung der Generationen 2012

Einladung_Woebbelin_Mai_2012

„Demokratie leben und gestalten“

Internationale Begegnung der Generationen anlässlich des 67. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Wöbbelin: Landtagspräsidentin und Landrat warnen vor rechtsextremistischen Tendenzen / Neue Bibliothek in den Mahn- und Gedenkstätten eingeweiht / Sonderausstellung „Wege nach Israel bis Ende August
67 Jahre nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft haben am 01. und 02. Mai 2012 an mehreren Orten im Landkreis Ludwigslust-Parchim Menschen aus dem In- und Ausland der Opfer gedacht. Der Verein Mahn- und Gedenkstätten im Landkreis Ludwigslust e. V. und der Förderverein der Mahn und Gedenkstätten Wöbbelin e. V. hatten zur Internationalen Begegnung der Generationen eingeladen. An den historischen Orten wird an die Geschehnisse und an das Leiden der Menschen während der NS-Diktatur erinnert. Als Ehrengäste nahmen an den Veranstaltungen Überlebende aus den USA, aus Belgien, Polen, Israel und Deutschland sowie viele Angehörige von Opfern aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Kanada, Israel und der Ukraine teil.

Begegnung und Gedenken am 1. Mai

Ausstellung „Wege nach Israel“ eröffnet

Bereits um 14 Uhr wurde am 1. Mai in den Mahn- und Gedenkstätten die Sonderausstellung „Wege nach Israel“ eröffnet. Sie wurde von der KZ-Gedenkstätte Braunschweig-Schillstraße erarbeitet. Die sechs Überlebenden, die im Mittelpunkt der Ausstellung stehen, sind im Mai 1945 in Wöbbelin befreit worden. Josef Neuhaus und Izhak Kaufmann kamen zur Eröffnung.
Das Zentrum dieser Ausstellung bilden sechs große Erinnerungsbücher, gefüllt mit lebensgeschichtlichen Erzählungen. Wichtig ist, dass das Leben nach dem Holocaust thematisiert wird.
Nach der Begegnung in den Mahn- und Gedenkstätten wurde an den KZ-Gräbern in Wöbbelin der Opfer gedacht und der Befreiung des KZ Wöbbelin durch die 82. US-Luftlandedivision. Carina Baganz, Vorsitzende des Fördervereins, begrüßte die Überlebenden der Konzentrationslager. Sie dankte Ihnen dafür, dass diese „ihre Erinnerungen mitteilen, Erinnerungen, die berühren, bewegen und betroffen machen.“ Besonders dankte sie Erich Kary. Er ist der einzige ehemalige Häftling des KZ Wöbbelin, der nach seiner Befreiung im Raum Ludwigslust geblieben ist: „Seit vielen Jahren leistet er vor Ort Erinnerungsarbeit, denn die Vermittlung des Erlebten an die nachfolgende Generation ist ihm besonders wichtig.“

Erich Kary habe mit seinem unermüdlichen Einsatz im Dienste der Aufklärung die Mahn- und Gedenkstätten zu dem gemacht hat, was sie heute sind: Ein Ort der Begegnung, der Erinnerung und der Mahnung, ein Ort der Stärkung demokratischer Werte und Normen, vor allem aber ein Ort der Menschlichkeit.

Außerdem verlieh der Förderverein der Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin e. V die Ehrenmitgliedschaft des Fördervereins an die Überlebenden des Konzentrationslagers Wöbbelin Laszlo Berkowits aus den USA, Izhak Kaufmann und Josef Neuhaus aus Israel sowie an Krystyna Zajac, Jozefa Baranska und Hanna Gontarszyk aus Polen.

Neue Bibliothek in den Mahn- und Gedenkstätten am 1. Mai eingeweiht

Mit Unterstützung des Landkreises Ludwigslust und der LEADER-Aktionsgruppe Südwestmecklenburg wurden über die Gemeinde Wöbbelin eine Bibliothek angebaut und zwei Räume des Museumsgebäudes umfangreich saniert Die Bibliothek kann durch Schüler, Studenten sowie Erwachsene genutzt werden. Sie erweitert die Möglichkeiten der Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit für die Gemeinde Wöbbelin, den Landkreis und die Schulen. Der Namensgeber der neuen Bibliothek, Werner Tom Angress, gehörte im Mai 1945 zu den Befreiern der 82.US Luftlandedivision. Er begleitete seit 1994 die Arbeit der Mahn- und Gedenkstätten. Er verstarb 2010. Ein Großteil seiner Bücher wird nun Bestandteil der neuen Bibliothek.
Das Konzept „Generationen gegen das Vergessen“ macht die Wichtigkeit der Einrichtung deutlich. „Denn als Ort der Auseinandersetzung mit Geschichte und Gegenwart sind die Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin ein Lernort von europäischer Bedeutung. Sie sind ein Ort der ,kommunikativen Beziehung‘ für Menschen aus dem In- und Ausland, […], sagte Landrat Rolf Christiansen bei der feierlichen Eröffnung am 1. Mai.

Begegnung und Gedenken am 2. Mai

Gedenkfeier anlässlich des 67. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Wöbbelin: Landtagspräsidentin und Landrat warnen vor rechtsextremistischen Tendenzen

Anknüpfend an die Befreiung des Konzentrationslagers Wöbbelin am 2. Mai 1945 durch Soldaten der 82. US-Luftlandedivision, erinnerten Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider und Landrat Rolf Christiansen in ihren Grußworten an das Leiden der Menschen und an die Verantwortung der nachfolgenden Generationen. „Gerade wir im Landkreis Ludwigslust-Parchim tragen nicht nur aufgrund der Vergangenheit Verantwortung, dass solche Verbrechen nie wieder geschehen, sondern auch wegen der starken Präsenz der NPD in den öffentlichen Gremien“, sagte Landrat Christiansen. „Kinder werden nicht rechts geboren, deshalb haben die Verantwortlichen, die Eltern; Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher und vor allem auch die Politiker, die Aufgabe, eine offensive Geschichtsaufarbeitung zu betreiben und klar zu stellen bzw. vorzuleben, dass die einzige Alternative eine demokratische Gesellschaft, eine Vielfalt an Kulturen und Religionen ist.“ Es gehe darum, Demokratie zu leben und zu gestalten.
Das Außenlager Wöbbelin des Konzentrationslagers Neuengamme wurde erst im Frühjahr 1945 errichtet und existierte nur zehn Wochen. Von den etwa 5000 Häftlingen aus 20 Nationen kamen mehr als 1000 an den Folgen von Misshandlung, Erschöpfung und Hunger ums Leben. Die Opfer des KZ Wöbbelin wurden auf Befehl der Amerikaner in Ludwigslust, Hagenow, Schwerin und Wöbbelin ehrenvoll in Einzelgräbern beigesetzt.
Erinnerung an die Opfer am Ehrenfriedhof Hagenow
Am Nachmittag des 2. Mai erinnerte die Bürgermeisterin Gisela Schwarz auf dem Ehrenfriedhof in Hagenow an die Ereignisse im Mai 1945. Auch schülerinnen und Schüler der Prof.- Friedrich- Heincke-Schule nahmen an der Gedenkveranstaltung teil. Im Rahmen des Literaturunterrichts hatten sie das Buch „Hanas Koffer“ gelesen und waren beeindruckt, dass Sie mit den Ehrengästen zusammen treffen konnten.

Mit dem Auftritt des Chores der Jüdischen Gemeinde in der Alten Synagoge Hagenow, der vom Landesrabbiner William Wolff moderiert wurde und anschließenden individuellen Begegnungen endete dieser Tag.

Zeitzeugengespräche am 3. Mai

Zeitzeugengespräche an verschiedenen Schulen

Am 3. Mai fanden an verschiedenen Schulen Zeitzeugengespräche statt, denn Geschichte wird auch für Kinder und Jugendliche begreifbarer, wenn diejenigen davon zeugen, die es erlebt haben.
Die Internationale Begegnung der Generationen wurde gefördert durch die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“, die Landeszentrale für politische Bildung M-V, den Landkreis Ludwigslust-Parchim und die Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Sonderausstellung „Wege nach Israel“

Der Verein Mahn- und Gedenkstätten im Landkreis Ludwigslust e.V. eröffnet anlässlich der Gedenkveranstaltungen zur Befreiung des KZ Wöbbelin im Mai 1945 die Sonderausstellung „Wege nach Israel“. Diese wurde von der KZ-Gedenkstätte Braunschweig-Schillstraße in Zusammenarbeit mit dem Verein Andere Geschichte e. V. Braunschweig erarbeitet und ist bereits in den KZ-Gedenkstätten in Braunschweig-Schillstraße und Salzgitter-Drütte gezeigt worden.

Die 6 Überlebenden, die im Mittelpunkt der Ausstellung stehen, sind alle im Mai 1945 in Wöbbelin befreit worden. Zwei von ihnen, Herr Neuhaus und Herr Kaufmann, werden in Begleitung ihrer Kinder zur Gedenkveranstaltung nach Wöbbelin kommen.

Das Zentrum dieser Ausstellung bilden 6 großformatige Erinnerungsbücher, gebunden in unterschiedlich farbigen Leinen, gefüllt mit lebensgeschichtlichen Erzählungen. Jeder Zeitzeuge erhielt sein eigene Album, in dem private Fotografien, Dokumente, Zitate aus den Interviews und verdichtete Erzählungen zusammen-gestellt wurden. So wird die individuelle Geschichte der einzelnen Zeitzeugen veranschaulicht. Wichtig ist, dass die Ausstellung das Leben nach dem Holocaust thematisiert und den Weg nach der Befreiung aufzeigt.

Neben den Erinnerungsalben, die die persönlichen Schicksale der befragten Zeit-zeugen emotional nachvollziehbar machen, verdeutlichen sechs Informationstafeln auf übergeordneter Ebene historische, politische und sozio-kulturelle Zusammen-hänge und vermitteln an geeigneter Stelle den Bezug zu den von den Zeitzeugen geschilderten Ereignissen.

Nach langen anstrengenden Wegen gelang es den Überlebenden des KZ Wöbbelin Zwi Bergmann, David Dimant, Moshe Litmanowicz, Michael Wygodny, Josef Neuhaus und Izhak Kaufmann in die ersehnte neue Heimat Israel einzuwandern. (1)

Zur Eröffnung der Ausstellung am 1. Mai 2012 um 14 Uhr sprechen Frank Ehrhardt, Leiter der Gedenkstätte Braunschweig-Schillstraße sowie Josef Neuhaus und Izhak Kaufmann

(1) Vgl. Christine Linne: Wege nach Israel. Sechs Überlebende des Holocaust erinnern sich, Rede anlässlich der Ausstellungseröffnung am 3. 09.2011 in Braunschweig, Verein Andere Geschichte e. V. Braunschweig.

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